VERA ||| LERNEN … nach der Birkenbihl-Methode

Wenn man sich einerseits mit dem „LERNEN … wie im Mittelalter“ beschäftigt und andererseits mit der Birkenbihl-Methode, stellt sich unwillkürlich die Frage nach den Haupt-Unterschieden: BIRKNEBIHL vs. Traditionelles Vorgehen. Ganz einfach:

Die Lerner machen sich mit jedem einzelnen Aspekt vertraut, ehe sie ihn zum  ersten Mal aktiv ausprobieren: Zum Beispiel werden sie im vierten Lernschritt  zum ersten Mal sprechen, also erst nachdem sie die Bedeutung der Wörter völ-  lig verstanden haben (Schritt 1) und sich gründlich mit dem Klang der Wörter  vertraut gemacht haben (Schritt 2: HÖREN/AKTIV) sowie diese lange genug  gehört haben (Schritt 3: HÖREN/PASSIV), um die nötigen Nervenbahnen zum  Selbersprechen aufzubauen. Man ist immer nur mit einem einzigen Aspekt des  Lernens beschäftigt:

In Schritt 1: Die Bedeutung der Worte im Sinn-Zusammenhang verstehen  (keine isolierten Vokabeln)

In Schritt 2: Den Klang der Worte mit deren Bedeutung verbinden (HÖREN/  AKTIV).

In Schritt 3: Die Klänge während einer passiven Lernphase fest im Unterbe-  wusstsein verankern. Man hört sich kleine Teile der Lektion immer und immer  wieder an, während man andere Dinge tut. Sie sollen in dieser Phase nicht  aktiv zuhören – HÖREN/PASSIV ist eine Hintergrund-Aktivität, die keine Mi-  nute Ihrer kostbaren Zeit verbraucht. Passiv hören kann man während des Fernsehens, beim Lesen, bei Haus- und Gartenarbeiten, beim Spazierengehen  usw. – Sprechen, – Lesen, – Schreiben, – Übersetzen.

Man lernt nur, was man lernen will: Das Minimalziel ist, die gesprochene Spra-  che zu verstehen, und für einige Menschen ist das genug (z. B. um Satelliten-  Programmen folgen zu können). Dafür reichen bereits die Schritte 1 und 2. An-  dere wollen z. B. das ÜBER-SETZEN lernen, weil sie entweder Übersetzer oder  Dolmetscher werden wollen (beziehungsweise weil das Schulsystem sie dazu  zwingt). Für sie gibt es einen 5. Lernschritt, in dem geübt wird, das Material  aus der Zielsprache in sogenanntes gutes Deutsch zu überführen (oder umgekehrt). Dabei werden die ersten drei Punkte erst im VIERTEN Lernschritt bewältigt. Jeder Lernende entscheidet also individuell, welche Fähigkeiten  ihn interessieren.

Die vier Lernschritte der Birkenbihl-Methode 

Schritt 1: DIE BEDEUTUNG DER WORTE VERSTEHEN /// Vorgehensweise: Die Aufgabe besteht in einer Wort-für-WortÜbersetzung  (Dekodierung), wobei Sie die Übersetzung direkt unter dem jeweiligen Wort  eintragen. Bei Schul- oder Kursmaterial rate ich, zu fotokopieren und gleich-  zeitig zu vergrößern. So wird nicht nur der Text leichter lesbar, auch die Deko-  dierung lässt sich besser eintragen (ohne im Buch etwas zu verschmieren).    Falls Sie mit alten Sprachkursen arbeiten, können Sie den Text unter Zuhil-  fenahme der Vokabellisten selbst dekodieren. Da dies aber vielen Menschen zu  (zeit-)aufwendig ist, gibt es seit 1990 erste Sprachkurse, die nach der Birken-  bihl-Me-thode aufgebaut sind: mit De-Kodierung (= Wort-für-Wort-  Über-setzung).    SCHLECH TES DEUTSCH?!

Zur DEKODIERUNG: Ich habe erst Jahre nach meiner Entwicklung des De-  kodierens gelernt, dass es ähnliche Versuche in der Vergangenheit bereits  gegeben hat. Allerdings ging es den Entwicklern ähnlich wie mir: Das Deko-  dieren wird von Leuten kaputtgeredet, die es nie ernsthaft versucht haben, weil  sie behaupten, die Übersetzung müsse eine gute sein. Auf die Frage:  „Warum?“ erfahren wir nur, dass „das so sein müsse“. Echte Gründe kann nie-  mand anführen, außer „Es ist schlechtes Deutsch“. Richtig. Aber das Ziel ist ja  auch nicht, gutes Deutsch zu produzieren, sondern Englisch zu lernen (oder  Arabisch oder Chinesisch). Überlegen Sie: Die „gute“ Übersetzung von  „What’s up?“ lautet: „Was ist los?“ So sind später die üblichen Fehler („What’s  lose?“) vorprogrammiert, statt via Dekodieren von „Was ist auf?“ zu „What’s  up?“ zu gelangen. Wenn man diesen Punkt erreicht hat, kann man die Deko-  dierung getrost vergessen. (…)

Doch  keine Sorge: Sie brauchen keinen Sprachlehrer, nur jemanden, der beide Spra-  chen beherrscht, denn genaugenommen werden Sie sich die Sprache weit-  gehend selbst beibringen. Bei sehr fremden Schriftsystemen (Chinesisch, Japa-  nisch, Koreanisch etc.) arbeite ich immer mit mehreren Sprachkursen parallel,  so kann ich die meisten Fragen ohne Hilfe eines Muttersprachlers lösen (bei  diesen Sprachen habe ich niemanden gefunden, der mir helfen kann). 

Sprachen, die zu Ihrer eigenen Sprachfamilie gehören, können Sie auch allein  angehen, wenn Sie Tonmaterial haben, das Sie später imitieren können. Heut-  zutage kann man wundervolle Texte (teilweise auch gelesen) im Internet fin-  den. Es wird von Jahr zu Jahr leichter. Wenn ich da an die Anfangsjahre (die  frühen 1970er) denke, als es noch nicht einmal Audiokassetten gab, sondern  nur große Tonbandgeräte! Meine allerersten Versuche machte ich mit Schel-  lack-Schall-plat- (die sehr leicht zerbrachen, wenn man nicht aufpasste). So ein  Sprachkurs kostete damals das Äquivalent eines Mopeds. Und sie waren (in-  haltlich) langweilig! Eine rühmliche Ausnahme war damals schon ASSIMIL,  deren Kurse ich sehr schätze, vor allem die älteren (ohne das Wort „heute“ im  Titel). Die neuen Kursen haben viel von dem verloren, was die alten Kurse  besonders ausgezeichnet hat: die größere Schrift; wenige grammatikalische  Erklärungen etc. Trotzdem sind auch die neuen Assimilkurse den meisten  Wettbewerbern vorzuziehen, die bis heute meist KEINE Übersetzungen 

anbieten und oft nicht einmal eine Lautschrift – selbst bei sehr fremd anmu-  tenden Schriften wie Arabisch, Persisch, Chinesisch, Hindi oder Koreanisch  nicht.    Nachdem unsere Kunden 20 Jahre lang selbst dekodiert hatten, schwoll der  Chor der Stimmen („Wann machen Sie mal dekodierte Kurse?“) so an, dass  ich 1991 die ersten Sprachkurse mit Dekodierung herausbrachte (die nach wie  vor erhältlich sind). Aber hier wollen wir kurz eine Sache festhalten. Wenn Sie  mit einem solchen dekodierten Sprachkurs arbeiten, gilt:    Lesen Sie die Wort-für-Wort-Übersetzung (optimal ist, sie mit einem Text-  marker hervorzuheben), um ein erstes Gefühl für den Inhalt zu bekommen.  Denn was Sie im Deutschen (oder Ihrer Muttersprache) begriffen haben,  davon haben Sie „ein Bild“, selbst wenn es unbewusst bleibt. Im umgekehrten  Fall merken Sie sehr schnell, wenn Sie zu bestimmten Begriffen (wie vielleicht RHODOPSIN) kein Bild haben, weil Sie es nicht verstehen. (…)

Auf diese Weise lernen Sie den Inhalt der Lektion in Ihrer Muttersprache, bevor  Sie irgend etwas anderes in Angriff nehmen.    Zwar ist es immer besser, selbst zu dekodieren, weil das Dekodieren bereits  einen Teil des Lernprozesses darstellt, aber für Dekodierfaule ist ein deko-  dierter Text auf alle Fälle besser als einer ohne Dekodierung.    Übrigens kann man auch dekodierteTexteselbstdekodieren, indem man ein-  fach die Dekodierung abdeckt und diese anschließend zum Nachschlagen  benutzen. Bei nicht-dekodiertem Material (z. B. Schulbüchern) verwenden wir  die Vokabellisten zum NACHSCHLAGEN (statt zum hirnlosen Pauken).  Beachten Sie besonders:    Wenn Sie bereits ein ansehnliches Wissen haben, werden Sie natürlich gleich  den Zielsprachentext ansehen und dabei nur diejenigen Passagen anstreichen beziehungsweise dekodieren, die Sie nicht auf Anhieb verstehen. Sie werden  also nur an kritischen Stellen zur Wort-für-Wort-Übersetzung „springen“, wäh-  rend Sie an allen Textstellen, die Ihnen vom ersten Moment an leichtfallen, die  Zielsprache lesen. Im Klartext: Wenn Sie völlig neu beginnen, kann es sein,  dass 100 % dekodiert werden müssen; je weiter Sie vorankommen, desto mehr  Wörter kennen Sie schon.

Mit liebem Gruß, Ihre Vera F. Birkenbihl, Odelzhausen

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