Jemanden motivieren heißt, ihn zu veranlassen, sein altes Verhaltensmuster zugunsten eines neuen aufzu-
geben. Sobald klar ist, daß Motivation eine Verhaltensveränderung bedeutet, so müssen wir folgende Schlussfolgerung
in die Kalkulation miteinbeziehen:
1.) Nur momentanes Verhalten kann sofort beeinflusst werden. (Beispiel: Sylvia will, dass Bernd ihr jetzt, im Moment, zuhört.) /// 2.) Jedes regelmäßige Verhalten ist durch Lernprozesse entstanden. (Beispiel: Karl hat in seiner alten Firma gelernt, dass es doch keinen Sinn macht, sauber zu arbeiten, da niemand es anerkennt, wenn man sich Mühe gibt.) /// 3.) Jede Änderung von regelmäßigem Verhalten bedarf eines neuen Lernprozesses. /// 4.) Jeder Lernprozess braucht seine Zeit. Sollten Sie beispielsweise zu denjenigen Chefs gehören, die erwarten, daß ein Mitarbeiter sein altes (und lange eingeübtes Verhalten) über Nacht aufgibt, dann können Sie folgendes Experiment machen:
Nehmen Sie sich irgendeine Verhaltensänderung vor, z. B. ab morgen früh immer den Schuh zuerst anzuziehen, den Sie bis jetzt als zweiten angezogen hatten. Oder: Wenn Sie bis jetzt das Telefon in der linken Hand hielten, die Nummer aber mit der rechten gewählt hatten, wechseln Sie die Hände, also links wählen und mit der rechten Hand den Hörer halten.
Hierbei geht es um folgendes: Egal, wie sehr Sie sich vornehmen mögen, den Fehler (das heißt: das alte Verhalten) nicht mehr zu begehen, werden sie Wochen brauchen, bis sie das neue Verhalten ohne „peinliche“ Zwischenfälle (Rückfälle ins alte Verhalten) regelmäßig einsetzen können. Dieser Lernprozess kann durch Anerkennung der neuen Leistung (Lob von Mitmenschen) verkürzt werden. Trotzdem ist es nie über Nacht möglich, da jeder Lernprozess Zeit benötigt. Wie gesagt: Dies ist ein Experiment. Wenn Sie an der Aussage zweifeln, probieren Sie es aus.
Verhalten überdenken, es rational beurteilen und es dann in die tägliche Praxis übertragen – sind nämlich zwei verschiedene Prozesse. Jedes neue Verhalten will gelernt und geübt sein. Dies gilt ganz besonders auch für die Kommunikation. Wenn wir also bereit sind zu berücksichtigen, dass eine Verhaltensveränderung eine gewisse Zeit dauern darf, erhebt sich natürlich eine Frage nach dem Wie. Wie motiviere ich jemanden?
Ich motiviere jemanden, indem Ich eines seiner unbefriedigten Bedürfnisse anspreche und ihm zeige, durch welches Verhalten er dieses befriedigen kann. Ein Beispiel: Wenn Sie sehr hungrig sind, kann ich Sie anhand des Bedürfnisses leicht motivieren. Ich verspreche Ihnen einen saftigen Schweinebraten mit Semmelknödel und Salat, wenn Sie mir einen bestimmten Gefallen tun. Wie Sie sehen, sagte ich nicht „irgendetwas zum Essen“, sondern ich malte Ihnen ein „Bild“ des Zieles (das heißt der Bedürfnis Befriedigung). Denn die Regel lautet: Je besser der andere sich die Zielsituation vorstellen kann, desto motivierter wird er.
Vera F. Birkenbihl, Odelzhausen
Hinweis: Dieser Text ist in ähnlicher Form auch enthalten im Buch „Best of Birkenbihl“ von Vera F. Birkenbihl © 2020 beim mvg Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, München. Nähere Informationen unter: www.m-vg.de