Wir neigen dazu, die Gefahr einer bei uns stark grassierenden geistigen „Magersucht“ zu unterschätzen: Bei der körperlichen Variante wird Hunger, ein angeborener Trieb, deformiert, so dass die Opfer (etwa 17 Prozent sind männliche!) nicht mehr zu essen wagen, auch wenn sie dadurch verhungern. Ca. 25 – 35 Prozent aller PatientInnen kann nicht geholfen werden!
Ähnlich verhält es sich mit dem geistigen Hunger, mit dem wir alle geboren wurden. Auch er kann so deformiert werden, dass man nicht mehr geistig zu „essen“ (= lernen) wagt und demzufolge geistig verkümmert. Aber im Gegensatz zur physiologischen Variante sind die Heilungs-Chancen bei der metaphorischen Magersucht (bzw. geistigen Bulemie) hervorragand, denn: Wir können schnell von geistiger Schwindsucht geheilt werden, es reichen einige wenige Erfolgs-Erlebnisse. Wer einmal erlebt hat, wieviel Spaß (genauer LUST) Lernen auslöst, will bald mehr!
Da unser Gehirn ein Lern-Organ par excellence ist, reicht es, den Lernprozeß wieder „schmackhaft“ zu machen Wenn Menschen sehen, wie leicht auch sie (trotz unangenehmer früherer Erfahrungen) lernen können, dann macht es ihnen in „Null Komma Nix“ wieder Spaß (wie einst in ihrer Kindheit, ehe sie „verdorben“ worden waren). Scheint Lernen nämlich schwierig, liegt es in 98 Prozent aller Fälle an Problemen, die Lehrende ausgelöst haben. Besitzen die Empfänger (d. h. die „Opfer“) noch mangelnde Vorkenntnisse, dann bestimmt allein die Methode dessen, der präsentiert, ob sie das Lernen als QUAL empfinden, als lästige PFLICHT oder aber als SPIEL.
Wird Lernen zur QUAL oder UNANGENEHMEN PFLICHT, kommt erschwerend hinzu: nicht gehirn-gerechte Maßnahmen bewirken, dass wir mit immensem Aufwand fast nichts erreichen! Ist aber unsere Strategie falsch (vgl. Harvard-Professor Dave PERKINS), dann entsteht der Eindruck, das Thema sei trocken oder, viel schlimmer, man sei zu dumm bzw. für dieses Thema leider unbegabt. Aber das ändert sich schnell. So haben z. B. Menschen mit der Birkenbihl-Methode, Sprachen zu lernen so viel Erfolg, daß sie inzwischen freiwillig eine zweite oder dritte Fremdsprache zu lernen beginnen. Die Betroffenen können heute kaum noch nachvollziehen, dass sie vor einem Jahr überzeugt davon waren, sie hätten leider absolut kein Sprachen-Talent.
Vera F. Birkenbihl, Odelzhausen