Wenn Sie der Meinung sind „Die Bühne braucht mich und ich brauche die Bühne“, dann machen Sie sich natürlich auch viele Gedanken darüber, wie Sie am besten beim Publikum ankommen. Jeder erfolgreiche TV-Showmaster (m/w/d) weiß: Ein wichtiger Punkt ist, dass Sie zwar Charisma und Präsenz zeigen, aber gleichzeitig auch sich selbst nicht immer bitterernst nehmen. Humor schafft eine Bindung zwischen Rednern und ihren ZuhörerInnen, die ohne aufwendige Messverfahren oder Befragungen sofort und ohne Umwege feststellbar ist und zwar am Lachen. Vera F. Birkenbihl, die langjährige Leiterin des Instituts für gehirn-gerechtes Arbeiten und eine Expertin für Gelotologie (also: Humorforschung) , hat in diesem Zusammenhang u. a. auch „Die fünf Stufen der Humor-Fähigkeit“ propagiert.
Aber merke: Die Kunst des „Über-Sich-Selbst-Lachens“ (… oder: Humor auch in und über unangenehme Situationen) ist ein schmaler Grat, denn es kann schnell „Schluss mit lustig“ sein, wenn ein Scherz oder Witz nach hinter losgeht oder nicht ankommt. Das kann einen Speaker / Redner schnell selbst in Mitleidenschaft ziehen, denn nicht jedes Lachen befreit. Es kann einem auch im Halse stecken bleiben. Also gilt es die eigene Fähigkeit zum Humor zu testen, Schwächen zu vermeiden und so als Stärke zu kultivieren, getreu dem selbstironischen Grundsatz: „Wenn Sie über sich selbst lachen können, dann brauchen es andere nicht mehr zu tun!“ Dadurch nehmen Sie zudem potentiellen GegnerInnen den Wind aus den Segeln.
Humor als eine essenzielle Grundzutat einer gelungenen Rede zu verwenden heißt: gelungen Komik einzusetzen als ein kurzer, mehr oder weniger kultivierte und gesellschaftlich gestattete oder politisch korrekter, Exzess der Seele. Nur wie? Denn das Ganze existiert ja in vielem Formen. Da Lachenden Menschen hilft, gar nicht erst in den negativen Stress zu geraten, können Sie auch und gerade persönliche Erlebnisse oder Situationen mit in den Vortrag einbinden, denn das schafft Authentizität und wirkt nicht so, als würden Sie sich über andere lustig machen. Erzählen Sie Dinge, die jeder Mensch nachvollziehen kann und über die er umso mehr lachen kann, wenn sie ihm nicht selbst widerfahren sind.
Irgendetwas passiert immer, das WIR im ersten Moment ganz und gar nicht witzig finden, andere aber abgrundtief amüsiert. Beispiel: Ein Meeting war eine Katastrophe „… weil …“, kurz vor einem wichtigen Liveauftritt schüttet man sich etwas auf die Kleidung, es gab bei der Anfahrt zu einer Veranstaltung eine Begegnung mit einem Wildschwein und so weiter. Das sind oft genug Dinge, die einen im Moment, als sie passiert sind, wirklich stressen oder gestresst haben, die man aber irgendwann einmal später Freunden oder Bekannten erzählt und alle können plötzlich darüber lachen. Warum also nicht auch Fremden, sprich: dem Publikum? Das ist Stufe 1 der eigenen Humor-Fähigkeit.
Lachen erfreut Mitmenschen und lässt uns selbst entspannt/er werden. Doch weshalb erzählt man „alte“ Geschichten? Kann das Prinzip nicht auch sofort klappen? Das fragte sich VFB und setzte auf die erste Stufe noch vier weitere drauf: 2.) Das „viel eher“ Lachen /// 3.) das „unmittelbar danach“ Lachen und die „Champions League“ mit den Stufen 4 und 5 – dem spontanen Humor während des redens und dem Lachen selbst im heiklen Situationen, wenn andere vielleicht ihre Rede abbrechen würden. Birkenbihl sagte (mit jahrzehntelanger Live-Erfahrung): Bleiben Sie stets souverän und schreiten sie ebenso aus der unangenehmen Situation heraus. So entwaffnen Sie Ihre Feinde unmittelbar … durch Lachen. Doch wie kann das gelingen? Wie können Sie sich langsam aber sicher auf die Humorstufe 5 hinauf arbeiten? – Es folgt eine kleine Soforthilfe.
Zu Beginn stellen Sie sich einfach die beiden Fragen: a) „Was finde ich an meiner Situation komisch, wenn ich nicht selbst betroffen wäre?“ /// b) „Über welchen Teil dieser Situation werde ich später einmal selbst lachen?“ Da Erfolg aller Erfahrung nach stets in kleinen Schritten eintritt (… oder nach kleinen Schritten mit einem Mal …) arbeiten Sie die 5-Stufen-Anwendung wie folgt ab:
I) beurteilen Sie für sich selbst Witze! Dies ist eine gute Strategie zur besseren Selbst-Erkenntnis, denn wenn WIR erkennen, worüber WIR besonders laut oder herzlich lachen und dies mit einem gewissen Abstand betrachten, dann lernen WIR zu beurteilen, worüber ANDERE lachen. Sind es die gleichen Dinge? Oder lachen WIR ganz speziell. – Das dient unbedingt der Konditionierung Ihrer Menschenkenntnis und sie lernen als Nebeneffekt auch viel über sich.
II) wenden Sie das HUMOR-Prinzip an. Erzählen Sie, wenn Sie die Stufe 1 beherrschen, etwas, was ihnen erst kurz zuvor widerfahren ist. Und zwar inklusive des „verschwörerischen Selbstheilungs-Effekts“ (… also, dass Sie das heute und hier erzählen, obwohl noch niemand / noch nicht einmal Ihre Familie etwas davon weiß). Das kann Stufe 2 sein (siehe oben) oder sogar Stufe 3 (… also etwas, was gerade eben passiert ist).
III) nutzen Sie die Verschiebung von Raum und Zeit als Metapher für etwas, was Sie während der Rede wahrgenommen haben und bauen das inklusive einer eigenen Reaktion in die Rede als Pointe mit ein, die alle lachen lässt (= Stufe 4). Sie kennen das aus dem TV, wenn der Moderator auf Menschen aus dem Publikum eingeht. Stufe 5 aber bedarf Geistesgegenwart, Schlagfertigkeit und intensiven Trainings. Hier baut man etwas ein, was Sie durchaus wahrgenommen haben, bei dem aber viele Redner so tun würden, als hätten sie es nicht bemerkt, weil es unangenehm für sie selbst enden könnte. Da das Publikum in der Regel davon ausgeht, dass der Speaker / die Rednerin seine / ihre Rede vorbereitet hat (… oft genug wird ja sogar von Blatt ab–ge–le–sen …), Sie aber in Stufe 5 aufgrund Ihrer Routine oder des Trainings elegant auf solche Zwischenfälle eingehen, ernten Sie damit den höchsten Respekt und so etwas bleibt in Erinnerung.
Zum Abschluss: Arthur Koestler legt uns Rednern die Bisoziation nahe. Dies ist der neuronal-kreative Vorgang der Verknüpfung von Begriffen, Bildern oder Vorstellungen aus unterschiedlichen begrifflichen Bezugsrahmen. In seinem Werk „The Act of Creation“ (deutsch: „Der göttliche Funke“) erfand er den Begriff in Anlehnung an das Wort Assoziation als das Durchbrechen geistiger Routinen. Während die Assoziation gradlinige gedankliche Verknüpfungen auf einer Ebene bezeichnet, geht die Bisoziation darüber hinaus, da bei ihr Begriffe aus zwei üblicherweise nicht zusammen gehörenen Ebenen miteinander verbunden werden. Treffen sie zusammen, kann man komische Situationen beschreiben.